C D s
|
NEUES AUS
DER MUSIKWELT
POP
Lisa Stansfield
SEVEN
E ar M u s ic /E d e l CD________________________________( 3 9 }
Die Single-Auskopplung „Can’t
Dance“ hatte schon im August
letzten Jahres ihre Radiopremiere,
im Oktober sollte dann eigentlich
das zugehörige Comeback-Album
folgen. Doch wie so oft im Mu-
sikgeschäft: Plötzlich wurde der
Veröffentlichungstermin aus uner-
findlichen Gründen auf Anfang 2014
verschoben. Umso mehr werden
sich die Fans freuen, dass sich Lisa
Stansfield auf dem ersten Longplay
seit zehn Jahren in bestechender
Sangesform zurückmeldet und dem
tanzanregenden Soul klassischen
Zuschnitts treu bleibt.
Nach dem mäßigen Erfolg der
Trevor-Horn-Produktion
„The
Moment“ (2004) lag die „British
Queen of White Soul“ keineswegs
auf der faulen Haut. Sie forcierte ih-
re Schauspielkarriere in TV-Serien,
machte im Film „The Edge Of Love“
eine gute Figur und erfüllte sich mit
der Rolle in einem Dokudrama über
die Northern-Soul-Bewegung einen
Herzenswunsch. Trotz der langen
Abwesenheit vom Studiomikrofon
hat die Engländerin aber rein gar
nichts verlernt. Wenn überhaupt,
dann vermittelt ihre markant-sinn-
liche Stimme im Liebes-Lamento
„The Rain“, der erbaulichen Mut-
mach-Hymne „Conversation“ und
dem lasziven Fingerschnipp-Song
„Why“ eher noch tiefer gehende
Emotionen als früher.
Auf heute übliche Elektronik-
tricks und Computerbeats verzich-
tet die Künstlerin weitgehend. Mit
Hilfe von John „JR“ Robinson (an-
geblich meistgebuchter Drummer
aller Zeiten) und Michael Jacksons
Spitzenarrangeur Jerry Hey setzt
sie stattdessen ganz altmodisch
auf einen handgemachten Sound.
Die zeitlos guten Lieder verfasste
Stansfield erneut mit lan Devaney,
einem alten Schulfreund, der seit
nunmehr 15 Jahren auch privat der
Mann an ihrer Seite ist.
Harald Kepler
MUSIK ★
★
★
★
KLANG ★ ★ ★ V
Sophie Ellis-Bextor
WANDERLUST
E b g b s /A liv e CD
Die Wahl von Ed Harcourt als Pro-
duzent ihres neuen Werks deutet
schon an, dass Ellis-Bextor inzwi-
schen weit vom aufputschenden
Computer-Dancepop der frühen
Karrieretage entfernt ist. 2014 sind
„Murder On The Dancefloor“ und
„Take Me Home“ nur noch Erinne-
rungen an eine aufregende Jugend.
Stattdessen bevorzugt die dreifa-
che Mutter heute einen gehobenen
Handmade-Pop für Erwachsene. In
der üppig instrumentierten Hymne
„Birth Of An Empire“, dem reich
mit Sixties-Anleihen ausgestatte-
ten „Until The Stars Collide“ und
anderen niveauvollen Songs zeigt
die Londonerin, dass es ein Leben
nach der Disco gibt.
hake
MUSIK ★
★
★
★
★
KLANG ★
★
★
★
★
______________
Flo Mega
M ANN ÜBER BORD
F o ur M u s ic /S o n y CD (a u ch a ls LP e rh ä ltlic h )
(5 2 ‘)
Mit „Zurück“ hatte Flo Mega 2012
den zweiten Platz beim Bundes-
vison Song Contest belegt. Nach
„Die wirklich wahren Dinge“ legt
Flo Mega mit „Mann über Bord“
seinen zweiten Longplayer vor, er-
neut eingespielt mit den Ruffcats.
Der 34-jährige Soul-Sänger aus
Bremen hat sich Wilson Picket und
James Brown zum Vorbild genom-
men und deren Stil und Gestus mit
deutschen Texten verbunden. Das
klingt zwar weniger eigenständig
als bei Jan Delay, kann aber trotz-
dem überzeugen, wie bereits der
programmatische Opener „Soul
II Soul“ zeigt. Die Retro-Schiene
bleibt uns als Spielart wohl auf
ewig erhalten.
wz
MUSIK ★ ★ ★ V
KLANG ★ ★ ★ V
Tokunbo
QUEENDOM COME
C re a tiv e T a le n ts /F in e tu n e s CD
(51‘)
Nach 13 Alben und Konzertreisen
rund um den Erdball war vor einem
Jahr Schluss bei Tok Tok Tok. Sänge-
rin Tokunbo Akinro nutzt die Zäsur
zum Aufbruch in eine Sololaufbahn,
traut sich auf dem durchweg gelun-
genen Einzelkämpferdebüt etwas
zu. In selbstverfassten Songs, die
von ihren persönlichen Helden
und eigenen Erlebnissen handeln,
erobert sie neues Terrain. Mit ihrer
angenehm sanften Stimme wagt
sich die Tochter eines Nigerianers
und einer Deutschen sehr geschickt
an Motownsoul, Sixtiespop, Akus-
tikblues, Beatleskes, Afroballaden
und „folk noir“ heran. Neubeginn
unter einem guten Stern.
hake
MUSIK ★ ★ ★ V
KLANG ★ ★ V ★
★
|
Neustart: Tok Tok Tok-Sängerin
mit ihrem erstes Soloalbum
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
Suzanne Vega
r n
TALES FROM THE REALM
OF THE QUEEN OF PENTACLES
C o o k in g V in y l CD (a u c h a ls LP e rh ä ltliu c h )
(3 7 ’ )
Anders als Joni Mitchell, die zu
dem Zweck teure Rechtsanwälte
engagierte, sicherte sich Suzan-
ne Vega das Copyright an ihrem
Songkatalog zurück, indem sie den
weithin für die „Close Up“-Serie
neu aufgenommen veröffentlichte.
Im Unterschied zu dort verbindet
die Songs des neuen Albums the-
matisch kein roter Faden. Und im
Gegensatz zu „Daddy Is White“
auf Folge 4 der „Close Up“-Serie
(„Songs Of Family“) sind die Songs
diesmal auch selbst dort kaum als
autobiografisch inspiriert zu erken-
nen, wo sie es sind (wie „I Never
Wear White“).
Früher hätte sie das wohl eher als
dezent „elektrifiziert“ arrangierten
Folksong aufgenommen. Aber Pro-
duzent Gerry Leonard (David Bowie)
setzte das mit Hilfe der auch sonst
reichlich für dies Album verpflich-
teten Prominenz in einen für ihre
Verhältnisse ungewohnt rockigen
Kontext. Wie das Album überhaupt
weithin. Da mutet das „Portrait Of
The Knight Of Wands“ als Folksong
mit dem etwas bizarren, elektrisch
verstärkten Instrumentarium - ganz
anders als das mit Hip-Hop-Samples
operierende „Don’t Uncork What
You Can’t Contain“ - zwischendurch
schon wieder wie eine Rückkehr zu
ihren Anfängen an.
Klug war die Entscheidung des
Produzenten, das Spiel der bei Pe-
ter Gabriel, Bob Dylan und T Bone
Burnett für die Sessions ausgelie-
henen Begleiter in der Abmischung
nie die Stimme der Sängerin über-
wuchern zu lassen. „Love pulls us
on to that distant horizon“ singt sie
optimistisch zum Schluss im hymni-
schen „Horizon (There Is A Road)“.
In „Frank & Ava“, ihrem Song-Por-
trät der Ehe von Frank Sinatra und
Ava Gardner, war sie 2007 auf dem
Album „Beauty & Crime“ noch zu
der Erkenntnis gelangt: „Now we
know it’s not enough to be in love!“
Franz Schöler
MUSIK ★
★
★
★
KLANG ★
★
★
★
STEREO 3/2014 129